flexart/ Ausstellung
Ausstellung: Freitag, 28.04. (Vernissage) - 13. 05.2006
Ausstellung und Symposium setzen sich auseinander mit den Prekarisierungstendenzen von Arbeitsbedingungen und den Auswirkungen auf die Einzelnen und nehmen dabei das Kunst- und Kulturfeld genauer unter die Lupe.
Statements von KünstlerInnen wie auch SozialwissenschafterInnen werden in 10 Positionen zu sehen sein: von Ausbildung und Kunstmarkt über ökonomische Lebensrealitäten zu Arbeitslosigkeit und (Stellen-)Anzeigen. Isolation, Formation und Widerständiges wird in eine "Stadt als Fabrik" gesetzt.Vernissage: Freitag, 28.04. 2006, 17.00 Uhr, Aula, Kunstuniversität Linz, Hauptplatz 8 Dauer der Ausstellung: 28. 04. - 13. 05. 2006
KünstlerInnen:
Elke Auer, Ljubomir Bratic, Kiki Bereiter, Daniela Deutsch, Marion Habringer, KV - ekw14,90, KV - KAPU, Clemens Kogler, Michi Mühlegger, Chris Müller, Heike Nösslböck, Pia Schauenburg, Josefa Schweiger, Nora Sternfeld, Hannah Stippl, Esther Straganz, Marlies Stöger, Ingo Randolf.
Projekte:
arbeit 2.0; Die überflüssigen; endlich urlaub; FüR MICH; (:her:)bstimpressionen; Herr Kraske; I AM, SHE IS, WE ARE - WORKING ON FIRE; SERIOUS PLAY; un(i) SICHT bar; WIR-AG
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Kurztext (585.23 KB)
arbeit 2.0
// Clemens Kogler
Ich habe eine Zeit lang hauptberuflich als Grafiker gearbeitet. Der Film behandelt
meine Eindrücke aus dieser Tätigkeit. Zum Beispiel, hatte ich irgendwie
das schleichende Gefühl, mit meinem Computer gleichgesetzt zu werden.
Die agenturinternen leeren Motivationsphrasen, die Vereinnahmung, wenn man
eigentlich immer arbeitet und das Gefühl hat, der Firma zu gehören.
Die emotionale Situation, wenn man nur über E-Mail und Telefonkonferenz
mit seinen Arbeitgebern kommuniziert und man als Kontrast ständig glückliche
junge Menschen in Photoshop herumschiebt. Sicher, man könnte ja jederzeit
kündigen, aber irgendwas hält einen dann doch. Sei es aus Mangel
an Alternativen und irgendwie will man sich ja ausliefern, weil das Gestalten
einem doch sehr viel gibt und man in einer Branche in der Arbeitsplätze
rar sind, froh ist, überhaupt eine Job gefunden zu haben.
Im Film werden diese Gedanken aufgenommen und mit Hilfe einzelner Sätze
aus einem Hörspiel René Polleschs verdeutlicht. Die Sätze
sind zu einer Art übersteuerten Werbespot verdichtet. Die visuellen Elemente
werden aus Symbolen des Arbeitsumfeldes bezogen: Icons, Downloadbalken, Blockschrift,
Diagramme, etc. finden wir auf ein nicht enden wollendes Plakat gedrängt.
DIE ÜBERFLÜSSIGEN_06
// Hannah Stippl, Text von Ljubomir Bratic und Nora Sternfeld
Eintausendachthundertdreiundvierzig Inserate ...
und es werden mehr: Angebote für Dienstleistungen. Angebote, die Selbstbeschreibungen
sind. Auf schwarzem Grund. Hannah Stippl sammelt seit Jahren Zeitungsinserate,
in denen Jobangebote gemacht werden, anonymisiert sie und tippt sie auf Karteikarten
ab.
Indem sie den genauen Wortlaut übernimmt, arbeitet sie gleichsam an der
Bestandsaufnahme einer Realität. Sie entzieht sich dabei der Position
der sozialwissenschaftlichen Beobachtung, bei der „Objekte” kategorisiert,
zu „Fällen” erklärt und beurteilt werden. Sie führt
niemanden vor, sammelt einfach was vorzufinden ist und formuliert wurde. Mit
konzeptuellen Mitteln findet hier mehr als eine bloße Anhäufung
von Material statt.
Die konzeptuelle Präsentation und die Masse der Inserate lassen vielmehr
Strukturen hervortreten, sie ermöglichen eine Untersuchung. Mit dem Untertitel
von Bourdieus „Elend der Welt” gesprochen, ist das, was auf diese
Weise zum Vorschein kommt fast so etwas wie eine Präsentation von „Zeugnissen
alltäglichen Leidens an der Gesellschaft”.
Hannah Stippls Arbeit enzieht sich dabei der Sensation. Sie bewegt sich im
Alltag und dessen Abgründe haben gar nichts Sensationelles. Diese Abgründe
sind trist, belanglos, schal. Aus den Inseraten spricht Normalität. Die
herrschende Normalität, die gemeinhin aus Verdeckung besteht. Eine angebliche
sichere Ebene, wo Konsens herrscht. Inserate sind ein Mittel bestimmte in unserer
Gesellschaft zulässige Angebote zu machen.
ENDLICH URLAUB!
// Ingo Randolf // Josefa Schweiger Coop.
wir sind auf Urlaub zu 350€/ Person/ Pauschal
Entgegen dem neoliberalen Prinzipien „Geld nur für Arbeit” erscheint
es vermessen, in einem Bereich, in dem Flexibilität, ständiger Einsatz
und Hingabe ein Muss ist, in dem sich Freizeit und Arbeit überlagern,
so das nicht mehr die Rede sein kann, von Auszeit oder Urlaub, oder bezahlten
Urlaub zu fordern. Und zwar Urlaub, so wie wir ihn verstehen, wenn wir uns
diesen von einem „Normalarbeitsverhältnis” ausgehend vorstellen.
Die paradoxe Situation im Kunstkontext Kunst zu verweigern hinterlässt
ein Vakuum, einen leeren Raum – oder eine leere Ecke.
Genau diese verweist durch die Abwesenheit des Produkts auf Arbeitsverhältnisse,
Produktionsweisen und Problematiken im hyperflexibilisierten Bereich der Kulturarbeit.
Und bietet zumindest Platz, Fragen abseits formaler Kriterien zu stellen.
Legitime Fragen wie: Was ist Kunst?, Soll das gefördert werden?, Welche
künstlerische Arbeit hat welchen Wert – und nicht zuletzt sehr allgemein,
denn dieses Problem hat eine globalere Komponente – Welche Arbeit hat
welchen Wert und Was ist als lohnbringende Arbeit zu betrachten, haben neben
der Frage nach der Funktion von Kunst und Kultur in der meist selbstbezüglichen
Debatte Platz.
Wichtiger ist jedoch die Diskussion um gerechten Lohn und eine differenzierte
Betrachtung der identitätsstiftenden Komponente „Arbeit” und
ihres Bedeutungsspektrums für Menschen.
FÜR MICH
// Josefa Schweiger Coop.
Das Essen ist gleich fertig! In der Ausstellung verbreiten sich wohlriechende
Düfte. Es werden verschiedene Leckerbissen gekocht. Die ProtagonistInnen
setzen sich gemütlich hin und beginnen zu essen. So lange es eben dauert.
Hier wird versucht, kritisch die Folgen von Individualisierungstendenzen und „Do-it-yourself”-Programmatik
als Gesellschaftsparadigma zu verdeutlichen und auf einen Punkt zu fokussieren.
Nur „FÜR MICH” ist sich selbst am nächsten nach dem Motto:
Aufwand nur mehr für mich!
[:her:]bstimpressionen
// Marlies Stöger // ekw14,90![Marlies Stöger und ekw14,90 - [:her:]bstimpressionen](pages/img/herbst.jpg)
Fotoserie: 25 Fotos, 15x22 cm
Für die Mitglieder der KünstlerInnengruppe ekw14,90 bot der Steirische
Herbst bereits des öfteren Gelegenheit zum Nebenverdienst mittels temporärer
Lohnerwerbstätigkeit, wie zum Beispiel die Abwicklung des Massenversands.
2004 wurde die Beziehung zwischen ekw14,90 und dem Steirischen Herbst um eine
Komponente erweitert. ekw14,90 erledigte auch dieses Mal den Postversand, nahm
darüber hinaus aber auch als KünstlerInnengruppe am Festival der
Neuen Kunst teil. Die gewohnte Lohnerwerbstätigkeit beim Steirischen Herbst
diente somit zur direkten Lebensfinanzierung während der Konzeption und
der Realisation des eigenen künstlerischen Projekts für den Steirischen
Herbst. Notwendig wurde dies durch das lediglich die Materialkosten abdeckende
Budget, das ekw14,90 für die Ausstellung „Glück und Unglück
2” – welche zwar im Rahmen des Festivals stattfand, aber nicht
von ihm finanziert wurde – zur Verfügung stand. Diese Doppelfunktion
KünstlerInnen – GelegenheitsarbeiterInnen für ein und dieselbe
Kunstinstitution führte zu manch verwirrender Situation, zB bat man sich
in einer Aussendung selbst um die Abgabe des eigenen Katalogtextes, oder aber
etikettierte, kuvertierte und versandt an sich selbst das Programmheft mit
der eigenen Ausstellungsankündigung. Mitunter trat dabei das verwirrende
Gefühl der Arbeitsplatzsicherung durch einen selbst auf.
Moke Klengel, Stoffl Rath, Marlies Stöger und André Tschinder sind
seit 2000 als endlich katzenersatz (ekw14,90) gemeinsam künstlerisch tätig.
Herr Kraske
// Chris Müller 2004
Ein filmisch umgesetztes Proleten Dramolett, in einem einzigen, letzten Akt.
Das Machwerk beschäftigt sich eingehend mit jenem Moment, (und einem davor)
in dem der Held der Geschichte die Signale der Zeit erhört und mit „fernöstlichen
Allheilmitteln” versucht die Welt zu verändern.
„Herr Kraske” ist die logische Evolution der in Deutschland geführten „Heuschrecken
Debatte” ausgestattet mit globaler Legitimität.
Dieses, an Action reiche, Arbeiter-Epos spiegelt auf amüsant wirkende
Art und Weise den ewigen Kampf der Klassen wider.
Gerne würde „Herr Kraske”, durch die Leichtigkeit im Umgang
mit der Komplexität des Themas, zu einer neuen diskutablen Sichtweise
beitragen.
SERIOUS PLAY
// Pia Schauenburg // Marion Habringer // Heike Nösslböck
Der Kunstmarkt mit all seinen Institutionen, individuellen Positionierungen
und jeweiligen Strategien der KünstlerInnen, bildet den thematischen Hintergrund
unserer Arbeit, wobei wir uns insbesondere für die Schwachstellen und
Problematiken dieses Systems interessieren. In der Wirtschaft ist es seit längerem
Norm, die in Firmen auftretenden Mängel mithilfe so genannter Coaching
Trainings zu analysieren um die Effektivität zu optimieren.
In unserer Arbeit transformieren wir den Kunstmarkt zu einer fiktiven Firma,
auf die wir nun das LEGO SERIOUS PLAY Coaching Training anwenden können.
Der Vergleich des Kunstbetriebs mit den Strukturen einer Firma erlaubt es,
eventuelle Hierarchien, Abhängigkeiten und Budget-Verteilungen spielerisch
zu artikulieren. Es können abstrakte Konzepte und komplexe Zusammenhänge
verdeutlicht werden, die anders nur schwer zu verstehen sind. Bei Firmen führt
dieser Prozess im Optimalfall zu Lösungsstrategien, die jeden Mitarbeiter
einbeziehen und somit die Lukrativität des Betriebs steigern.
Acht Personen aus den unterschiedlichsten Bereichen des Kunstbetriebs repräsentieren
die Firma „Kunstmarkt” und werden von uns zu einem Coaching Training
eingeladen.
Die Frage bleibt offen, ob ein zufrieden stellendes Ergebnis zu erwarten ist
und inwieweit die Lösungsstrategien auf den realen Kunstmarkt übertragbar
sind.
un(i) – SICHT – bar
// Daniela Deutsch // Kiki Bereiter
In einer Wohnzimmeratmosphäre steht ein Couchsessel (der Diplom-Thron)
und ein alter Fernseher als Projektionsfläche für eine Auflistung
von medial populären Phrasen.
Der Diplom-Thron vermittelt eine scheinbare bequeme Situation, die vermuten
lässt, den schwersten Teil des Weges (das Studium) hinter sich zu haben,
verleitet zur Verdrängung der, in den meisten Fällen, bevorstehenden
Lebenssituation – die Realitäten als prekär beschäftigte
Person. Der/die BetrachterIn soll aus dieser bequemen, scheinbar erhobenen
Position des Thrones entrissen werden, in dem die noch unsichtbare Ebene der
Prekarität, in Form von Video- und Audiosequenzen, sichtbar wird. Auslöser
ist nicht ein von Außen kommender Impuls, sondern das erreichen des Diploms,
d.h. dass Niederlassen auf dem Diplom-Thron.
Ein ca. 10 Minuten langes Video zeigt Impulsbilder, die auf unterrepräsentierte,
unsichtbare soziale und ökonomische Lebensrealitäten, vor allem von
Frauen im freien Kunst- und Kulturbereich, Frauen in der Haus- und Sexarbeit,
Bezug nehmen. Die Bilder wechseln ihre Wirkung, Kontraste und Standort je nach
inhaltlichem Stimmungsbild zeitgleich mit themenspezifischen Informationen.
Von der Prekarität des Individuums zur Erkenntnis der Prekarität
als gesamtgesellschaftliche Verantwortung.
I AM, SHE IS, WE ARE – WORKING ON FIRE
// Elke Auer // Esther Straganz im Austausch mit der Freien Universität Manoa.
Basierend auf Interviews zu feminisierter, prekärer Arbeit in der postfordistischen
Stadt als körperlose Fabrik; 13 Frauen erzählen von ihren Arbeitsverhältnissen
in einer Modellstadt aus 31 Miniaturen ihrer Arbeits- und Wohnräume.
Ausgehend von unseren eigenen ungesicherten Arbeitszusammenhängen, irgendwo
zwischen künstlerischer Praxis und temporären Geldbeschaffungsjobs,
entwickelten wir besonderes Interesse für die im letzten Jahrzehnt rapide
angestiegenen aber nur vermeintlich neuen flexiblen Beschäftigungsverhältnisse – nicht
zuletzt, um unsere eigene Situation zu reflektieren. Im Sommer 2004 haben wir,
als Reaktion auf aufkommende Zukunftsängste, begonnen uns in zeitgenössische
Theorien zu Arbeit im Postfordismus einzulesen und das Projekt zu konzipieren:
Unter der Annahme, dass die Stadt heute das verkörpert, was die Fabrik
einst für die ArbeiterInnenklasse war, haben wir im Oktober 2004 unseren
Wohnsitz/Arbeitsplatz für sechs Monate in die „Global City” Bangkok
verlegt, und Interviews mit Frauen über ihre prekären und informellen
Arbeitsverhältnisse geführt. „I Am, She Is, We Are – Working
On Fire” erzählt von den kleinen und großen Kämpfe, die
sich aus gegenwärtigen Arbeits- und Lebensmodellen in den Städten
einer globalisierten Welt ergeben.
WIR-AG
// Kulturverein KAPU und FreundInnen
Die „WIR AG – Willkommen in der Realität Aktionsgemeinschaft “ war
ein 3tägiges Projekt der KAPU im Juni 2005 am Linzer Hauptplatz um die
sozialen, politischen und wirtschaftlichen Aspekte des Unworts 2002, der Ich-AG,
zu thematisieren und auf künstlerische Art zu persiflieren.
Ziel war das Schaffen einer Kulturfabrik mitten im Zentrum der Stadt. Auf diese
Weise kam es neben der Veranstaltung von Konzerten, Lesungen und Symposien
zur Thematisierung von verschiedenen Bereichen der Kulturarbeit (in Linz):
prekäre Beschäftigungsverhältnisse, Randgruppen im öffentlichen
Raum, Mainstream vs. Underground, Strukturmangel, projektorientierte Förderpolitik,
ehrenamtliche Kulturarbeit, Sponsoring, Eventkultur, Spaßguerilla, Nachhaltigkeit....
Ein Kollektiv von ca. 25 Individuen schuftete drei Tage und Nächte lang
in der WIR-AG und zeigte der allseits propagierten Ich-AG die kalte Schulter.
www.kapu.or.at
wirag.kapu.or.at